Emotionen und Gefühle begleiten uns auf Schritt und Tritt – oft ohne, dass wir sie bewusst wahrnehmen. Sie beeinflussen unsere Gedanken, unser Verhalten und unsere Entscheidungen. Emotionen sind dabei kraftvolle Impulse, die unser Handeln oft blitzschnell beeinflussen. Gefühle hingegen sind die bewusste Nachhallwirkung dieser körperlichen Reaktionen. Wer seine Emotionen und Gefühle besser versteht, kann bewusster mit ihnen umgehen – und dadurch mehr Gelassenheit und Lebensfreude gewinnen.
Emotionen oder Gefühle – was ist was?
Die Begriffe „Emotion“ und „Gefühl“ werden im Alltag oft synonym verwendet – jedoch gibt es zwischen den beiden einen entscheidenden Unterschied:
Emotionen sind blitzschnelle, automatische Reaktionen auf äußere oder innere Reize. Sie äußern sich körperlich z. B. durch Herzklopfen, Muskelanspannung oder flaues Bauchgefühl. Typische Emotionen sind Angst, Wut, Ekel, Trauer oder Freude. Sie dienen als schnelle Bioregulation, um unser Überleben zu sichern.
Gefühle entstehen etwas später. Sie sind die bewusste Wahrnehmung und Bewertung der Emotionen. Gefühle sind weniger intensiv, dauern länger an und lassen sich reflektieren.
Beispiel: Man sieht einen gefährlich wirkenden Hund – der Körper zuckt zusammen, er reagiert sofort mit Angst (Emotion). Kurz danach reflektiert man die Reaktion und weiß: „Das macht mir gerade wirklich Angst“ (Gefühl).
Wozu dienen Emotionen und Gefühle?
Emotionen haben lebenswichtige Funktionen:
- Schutzmechanismus: Emotionen warnen vor Gefahren und steuern unser sofortiges Verhalten (Flucht, Kampf, Erstarren) ohne langes Nachdenken. Angst schützt uns vor Gefahren. Wut kann helfen, Grenzen zu setzen.
- Soziale Kommunikation: Emotionen vermitteln nonverbal unsere Stimmung und Absichten. Mimik und Körpersprache verraten, wie wir uns fühlen – oft schneller als Worte.
- Entscheidungshilfe: Unbewusst bewerten wir Situationen anhand früherer körperlicher Erfahrungen. Ein „gutes Bauchgefühl“ lenkt uns zu wertvollen Entscheidungen, ein „schlechtes“ warnt vor Risiken. Gefühle wiederum helfen uns, über diese inneren Impulse nachzudenken, sie einzuordnen und daraus zu lernen. Damit integrieren wir unsere Erfahrungen in das eigene Selbstbild.
Wichtiger Hinweis: Gefühle sind niemals falsch – alle Gefühle sind okay! Wer sich der eigenen Gefühle, Motive und Wünsche bewusst ist, kann sich leichter und flexibler der jeweiligen Situation anpassen, ohne eigene Ziele aus den Augen zu verlieren. Das Erkennen und Wahrnehmen der eigenen Gefühle verhilft zu einem positiveren Selbstwert und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Damit schafft man außerdem die Voraussetzung für Empathie, zwischenmenschliche Beziehung und Kommunikation.
Sich Zeit lassen!
Je nach Ausgangslage, können Emotionen aktivierend oder hemmend sein. Ebenso lassen sie sich im Körper lokalisieren. Ein wichtiger Faktor beim Erkennen und Beeinflussen dieser körperlichen Auswirkungen ist die Zeit. Sehen wir z.B. ein Bild, wirkt dieses unbewusst weiter.
In unserer schnelllebigen Welt – besonders beim Scrollen durch soziale Medien – überfluten uns ständig emotionale Reize. Oft ohne, dass wir innehalten und spüren, was sie mit uns machen. Ein Bild auf Instagram, das Neid oder Unzufriedenheit auslöst, kann unbewusst nachwirken – auch wenn wir längst weitergescrollt haben. Doch diese Eindrücke werden trotzdem in uns gespeichert, die unverarbeitet immer wieder durch Erinnerungen reaktiviert werden können.
Deshalb ist es hilfreich, regelmäßig innezuhalten, nachzuspüren und wahrzunehmen, wie es uns wirklich geht. Diese bewusste Auseinandersetzung ist ein wichtiger Schritt zur Emotionsregulation – und Grundlage für psychische Gesundheit.
Einfache Techniken zur Emotionsregulation
Im Alltag lassen sich schnelle, präventive und nachhaltige Strategien einsetzen, die Körper, Gedanken und Verhalten in Einklang bringen. Man muss kein Achtsamkeits-Profi sein, um Emotionen gut regulieren zu können. Schon kleine Übungen können große Wirkung haben.
- Atem-Übungen zur Beruhigung
- Atem beobachten: sich auch zwischendurch mal fragen: Wie atme ich gerade?
- Bewusste Bauchatmung: tief und ruhig in den Bauch atmen – das aktiviert den Parasympathikus (den sogenannten „Ruhenerv“), der uns beruhigt.
- 4‑Takt-Atmung: 4 Sekunden einatmen – 4 halten – 4 ausatmen – 4 halten.
- Autosuggestion: leise Sätze wie „Ich bin ruhig und sicher.“ innerlich wiederholen
- Gedanken gezielt lenken
- Lösungsorientierte Fragen stellen: „Was brauche ich jetzt?“ statt „Warum passiert mir das?“
- Neue Verhaltensmuster bewusst üben, etwa eine positive Routine (z.B. Lächeln) nach dem Aufwachen etablieren
- Gedanken hinterfragen: negative Selbstgespräche in machbare, motivierende Formulierungen umwandeln, z.B. „ich bin auf dem Weg, nicht am Ende.“ oder aus „Ich kann das nicht.“ wird „Ich kann das zwar noch nicht, aber ich bleib‘ dran.“
- Bewegung reinbringen
- Gefühle lassen sich nicht nur mit Worten ausdrücken. Bewegung, Musik oder kreatives Gestalten können helfen, unbewusste Emotionen sichtbar zu machen.
- Kurze Bewegungspausen lösen emotionale Spannungen im Körper.
- Embodiment: Den eigenen Körper nutzen
- Gesichtsausdruck bewusst einsetzen: Ein leichtes Lächeln wirkt auch dann, wenn man sich gar nicht nach Lächeln fühlt. Der Körper allerdings erkennt die Bewegung und „schickt“ dem Gehirn ein positives Signal.
- Körpersignale wie verspannte Schultern oder ein flaues Gefühl im Magen sind Hinweise und sollen ernst genommen werden. Mit einem bewussten „Locker-lassen“ (Schultern und Kiefer entspannen, kräftig ausatmen) kann man darauf reagieren und damit bewusst positiven Einfluss nehmen.
Fazit: Emotionen verstehen – Gelassenheit gewinnen
Emotionen und Gefühle sind untrennbare Partner und Wegweiser: Emotionen reagieren blitzschnell und schützen uns, Gefühle erlauben Reflexion und Sinngebung. Wer sie erkennt, versteht und reguliert, gewinnt nicht nur mehr Kontrolle über das eigene Verhalten, sondern auch mehr innere Ruhe, Klarheit und Selbstfürsorge.
Mit einfachen Techniken wie Atemübungen, gezielten Fragen und dem bewussten Einsatz des Körpers lässt sich im Alltag viel bewirken – ganz ohne großen Aufwand.
Tipp zum Schluss: klein anfangen und sich jeden Tag 2 Minuten Zeit zum Innehalten nehmen – Dies reicht bereits für die ersten kleinen Erfolge hin zu mehr Ausgeglichenheit und Wohlbefinden.
Quelle: Die Inhalte dieses Blogbeitrags wurden aus dem Webinar vom 28.08.2025 – „Emotionen als Ressource nutzen – Emotionsregulation im Alltag“ mit Mag.a Natalia Ölsböck entnommen und zusammengefasst.
Haußer, K. (1995). Identitätspsychologie. Heidelberg: Springer

AUTORIN
Projektleitung Suchtprävention
02742 – 31440 DW 25


