Homeoffice ist der neue Alltag für viele Angestellte. Die Arbeit zuhause kann mehr Selbstständigkeit, Freizeit und Wohlbefinden bedeuten: Lange Arbeitswege fallen weg, Kosten werden eingespart und oft kann zuhause ein ruhigeres Arbeitsumfeld hergestellt werden. Doch Heimarbeit bietet nicht nur Vorteile. Neben dem momentan erforderlichen „social-distancing“ kann auch der verringerte Kontakt zu Kolleg*innen emotionalen Stress hervorrufen und zu einer Vereinsamung führen, die langfristig negative Folgen hat. Denn belastete Menschen konsumieren mehr. Alkohol wird dann unter anderem als Mittel verwendet, um mit der Situation vermeintlich besser umgehen zu können.
Während des ersten Lockdowns im Jahr 2020 wurde vom Kompetenzzentrum Sucht österreichweit eine repräsentative Bevölkerungsumfrage zu Konsumgewohnheiten und ‐motiven mit rund 6.000 Befragten online durchgeführt: die Ergebnisse zeigen, dass Personen, die sich überproportional durch die Corona‐Krise belastet fühlen, nach eigenen Angaben auch mehr konsumieren (13%). 43% der Personen, deren Alkoholkonsum zugenommen hat, nennen mehr Freizeit als Grund für die Zunahme, und 26% der Personen sehen Stress als Grund dafür.
Auch im Rahmen der Global Drug Survey, einer weltweit unabhängigen Drogenumfrage, zeigt die Auswertung der österreichischen Teilnehmer*innen, dass 41% der Befragten Alkohol nun häufiger trinken – aus Langeweile oder weil sie mehr Zeit haben. Weitere Gründe waren Ängste, Depressionen oder Einsamkeit. 43% gaben an, dass sie jetzt öfter alleine trinken.
Die aktuelle Situation ist für viele Menschen eine Herausforderung. Eventuell auftretende Existenzängste sorgen für hohen emotionalen Stress, und auch durch das enge Zusammenleben entstehen ganz neue Konflikte in bestehenden Beziehungen.
Ein seelisch gesunder und stabiler Mensch kann sich schnell eine neue Struktur aufbauen. Doch für Menschen, die psychisch schon in einem schlechten Zustand sind, kann so eine Situation das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen bringen. Die Struktur fällt weg, Isolation und auch familiäre Konflikte nehmen zu, und Hilfsangebote sind schwerer aufzusuchen.
Im Homeoffice kann niemand eine Alkoholfahne riechen oder kommentieren. Die Gefahr steigt, dass der Konsum nicht erst mit einem Glas Wein nach der Arbeit beginnt, sondern vielleicht schon zum Mittagessen mit einem Bier.
Wenn nun getrunken wird, um Sorgen zu vergessen oder einschlafen zu können – also Alkohol für eine vermeintlich entspannende Wirkung gezielt eingesetzt wird – ist das ein Warnsignal auf der Verhaltensebene. Gefährlich wird es auch, wenn immer mehr Alkohol benötigt wird, um dieselbe Wirkung zu erzielen, also eine Gewöhnung festgestellt wird.
Wie kann problematischer Alkoholkonsum verhindert werden?
Eine stabile Struktur mit regelmäßigen Ritualen kann helfen! – Kleine Gewohnheiten im Alltag sind Ankerpunkte, die Stabilität geben, und nach denen sich Abläufe richten können. Durch solche Situationen, die wir in- und auswendig kennen, wird uns ein Gefühl der Sicherheit vermittelt, und dieses hilft uns auch in schwierigen Zeiten.
- Am Morgen: Familienfrühstück, Sport, Meditation, …
- In den Pausen: gemeinsames Mittagessen, Spaziergang, entgegengesetzte Tätigkeiten zum beruflichen Alltag (z.B. Geschirrspüler einräumen)
- Ritual mit der Familie: gemeinsame Filmabende, gemeinsames Kochen und Abendessen, …
- Rituale für sich allein: Entspannungsübungen (z.B. progressive Muskelentspannung), ein Buch lesen oder Hörbuch hören, Bewegung in der Natur, …
Auf der Homepage der österreichischen Dialogwoche Alkohol (www.dialogwoche-alkohol.at) bietet ein im Auftrag der WHO (World Health Organization) entwickelter Selbsttest eine erste Einschätzung und Früherkennung eines gesundheitsgefährdenden Alkoholkonsums.
Zudem sind dort Empfehlungen für einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol zu finden, welche auch jetzt während der Corona-Pandemie und verstärktem Home-Office Anwendung finden können:
- Verzicht auf Alkohol an mindestens zwei Tagen pro Woche
- Einhaltung eines Tageslimits: für Frauen bedeutet das höchstens ¼ L Wein oder ein kleines Bier und für Männer maximal 1 großes Bier oder ca. ¼ Wein
- Alkohol mit Wasser abwechseln
- Vor dem Alkoholkonsum essen, um weniger schnell betrunken zu werden
- Nicht verschiedene Sorten Alkohol durcheinandertrinken
- Vorsicht bei Medikamenten: Alkohol kann die Wirkung beeinträchtigen
- Vermeiden Sie Vollräusche, denn diese belasten die Organe sehr stark
Unter diesem Link finden Sie noch mehr Informationen und Hilfsangebote! Eine Liste von Beratungsstellen in ganz Niederösterreich sowie Angebote zum Thema gibt es auf unserer Homepage: https://www.fachstelle.at