Tabakfreie Nikotinbeutel, auch „Nicotin-Pouches“ oder „Nic-Bags“ genannt und unter verschiedenen Markennamen wie „Skruf“, „Faro“ etc. erhältlich, werden derzeit an vielen Verkaufsstellen (z. B. Trafiken, Tankstellen oder Automaten) angeboten und immer häufiger auch von Jugendlichen konsumiert. Unterschiedliche Geschmacksrichtungen und ansprechende Verpackungen machen den Konsum dieser Produkte noch verlockender. Eltern und Lehrer*innen stehen diesem Trend besorgt gegenüber. Wir wollen dazu aufklären.
Was sind Niktotinbeutel?
Nikotinbeutel sind kleine Beutel, die hauptsächlich aus Nikotin, Pflanzenfasern und Aromen bestehen. Sie werden in der Mundhöhle meist unter die Oberlippe geklemmt und dort belassen. Auf diesem Wege wird das Nikotin über die Mundschleimhaut vom Körper aufgenommen.
Sind Nikotinbeutel unbedenklich?
Nikotinbeutel enthalten, wie der Name schon sagt, Nikotin, welches sehr schnell abhängig machen kann.
Nikotin regt im Gehirn das sogenannte „Belohnungszentrum“ an, was unmittelbar ein Wohlgefühl beziehungsweise ein Gefühl von Beruhigung erzeugt. Außerdem wirkt die Substanz anregend auf Hirnareale, die für Wachheit und die Steigerung der Aufmerksamkeitsleistung verantwortlich sind. Unter anderem verursacht Nikotin die Steigerung der Herzfrequenz, Atemfrequenz und eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit. Die Verengung von Blutgefäßen und aufgrund dessen ein Ansteigen des Blutdrucks sind weitere Auswirkungen auf den Körper. Es fördert zudem die Blutgerinnungsneigung, was die Gefahr von Thrombosen erhöht.1
Bereits während des Abbaus von Nikotin im Körper entwickelt sich ein erneutes Verlangen, um das gewünschte Wohlgefühl wieder zu erreichen. Bleibt der Nachschub zu lange aus, entstehen unangenehme Entzugssymptome wie zum Beispiel Unruhe, Gereiztheit und Unkonzentriertheit.1
Besonders beim Erstkonsum bzw. bei unerfahrenen Konsument*innen, wie es Jugendliche sind, kann es zu Überdosierungen und Nikotinvergiftungen kommen.
Akute Vergiftungserscheinungen sind von der Dosis abhängig und können zu Übelkeit und Erbrechen führen. Zudem kann eine Überdosierung Atemnot und epileptische Anfälle auslösen.2
Nikotinbeutel gibt es in unterschiedlichen Stärken. Auch die Dauer des Verbleibs im Mund ist ausschlaggebend dafür, wieviel Nikotin schlussendlich vom Körper aufgenommen wird.
Langfristige gesundheitliche Auswirkungen des Konsums von Nikotinbeuteln sind noch unbekannt. Neben der bereits erwähnten Gefahr der Nikotinabhängigkeit können mögliche Nebenwirkungen unter anderem Reizungen des Zahnfleisches, ein wunder Mund und Brechreiz sein.3
Nikotinbeutel sind somit keineswegs ungefährlich und gehören nicht in die Hände von Kindern und Jugendlichen!
Was sagt das Gesetz?
Nikotinbeutel enthalten keinen Tabak. Deshalb fallen sie auch nicht unter das Tabak- und Nichtraucher*innenschutzgesetz4 (TNRSG), welches unter anderem das Verbot des Inverkehrbringens von Tabakerzeugnissen regelt.
Während der Verkauf und der Versandhandel von Tabak zum oralen Gebrauch (z. B. Snus) und Kautabak im besagten Gesetz verboten sind, schlüpfen Nikotinbeutel leider durch diese Regelungen durch, da sie keinen Tabak enthalten und auch nicht unter die im Gesetz genannten verwandten Erzeugnisse fallen. Deshalb sind Nikotinbeutel derzeit in Österreich legal erhältlich! Die Tabakindustrie macht sich dieses Schlupfloch zu Nutze und setzt vermehrt auf den Verkauf dieser Produkte.
Wie sieht es mit dem Jugendschutz aus?
Im NÖ Jugendgesetz5 werden konkret Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse nach dem TNRSG erwähnt (hier ist der Erwerb, Besitz und Konsum an allgemein zugänglichen Orten und bei öffentlichen Veranstaltungen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres verboten). Die Substanz Nikotin wird aber nicht spezifisch angeführt.
Somit sind Nikotinbeutel im NÖ Jugendgesetz nicht explizit geregelt. Im Bereich der Schule könnte der Konsum von Nikotinbeuteln zumindest mit einem Verbot in der Hausordnung geregelt werden.
Fazit: Wünschenswert wäre, dass es hier bald zu einer Nachbesserung kommt und die Gesetzeslage zu Nikotinbeuteln eindeutiger wird. Eine Aufnahme von Nikotinbeuteln in das Tabak- und Nichtraucher*innenschutzgesetz ist dringend nötig.
Was können Eltern und Pädagog*innen tun?
Um mit Kindern und Jugendlichen für ein spezielles Thema wie Nikotinbeutel eine gute Gesprächsbasis zu haben, macht es Sinn, sich vorab Informationen dazu zu besorgen. Indem Sie sich hier in diesem Artikel informieren, haben Sie somit bereits den ersten Schritt gesetzt.
Thematisieren Sie Nikotinbeutel mit Ihrem Kind bzw. Ihren Schüler*innen! Eine offene, sachliche und wertschätzende Kommunikation rund um das Thema begünstigt eine gute Auseinandersetzung damit und stärkt das Vertrauen Ihres Kindes bzw. Ihrer Schüler*innen, sich mit Ihnen über alle oder zumindest viele Dinge, die Kinder und Jugendliche beschäftigen, austauschen zu können.
Dabei ist es wichtig, eine klare Haltung gegen den Konsum von Nikotinprodukten einzunehmen, egal ob diese geraucht werden oder in Form von Nikotinbeuteln konsumiert werden! Nehmen Sie Gefühle und Meinungen des Kindes ernst. Sprechen Sie mit Ihrem Kind bzw. mit Ihren Schüler*innen über die Gründe, warum Jugendliche Nikotinbeutel konsumieren und welche Vor- und auch Nachteile sie sich davon erwarten. Welche zugrunde liegenden Bedürfnisse könnten hinter dem Konsum stehen? Gibt es andere Wege, um diese Bedürfnisse zu stillen?
Viele wertvolle Tipps zur Gesprächsführung mit Ihrem Kind rund um das Thema Rauchen finden Sie in unserer Broschüre „Übers Rauchen reden“. Diese Tipps können Sie auch gut für das Gespräch mit Ihrem Kind zum Thema Nikotinbeutel anwenden.
Sie sind Pädagog*in und wünschen sich für Ihre Schule weitere Unterstützung? Wir freuen uns über eine Kontaktaufnahme! Die Fachstelle NÖ bietet unter anderem Lehrer*innenfortbildungen sowie Workshops für Schüler*innen rund um die Substanzen Nikotin und Alkohol an. Ebenso ist ein Elternabend Teil dieses Angebots.
Aktuell ist das neue Positionspapier „Tabak und Nikotin“ der österreichischen Fachstellen für Suchtprävention erschienen, welches die gemeinsame fachliche Einschätzung aller neun österreichischen Fachstellen zu diesem Thema wiedergibt.6
AUTORIN
1Deutsches Krebsforschungszentrum. (o. D.). Wirkungsweise des Nikotins.
Zugriff am 17. Jänner 2022: https://www.dkfz.de/de/rauchertelefon/Nikotin_Wirkung.html
2Deutsches Krebsforschungszentrum. (2015). Gesundheitsrisiko Nikotin.
Zugriff am 8. November 2021: https://www.dkfz.de/de/tabakkontrolle/download/Publikationen/FzR/FzR_Gesundheitsrisiko_Nikotin_web.pdf
3University of Nebraska–Lincoln. (o. D.). Nicotine pouches: Are they safer than chewing, smoking or vaping? University Health Center.
Zugriff am 4. November 2021: https://health.unl.edu/nicotine-pouches-are-they-safer-chewing-smoking-or-vaping
4Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS). (2021, 11. Oktober). Gesamte Rechtsvorschrift für Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz, Fassung vom 11.10.2021. RIS.
Zugriff am 11. Oktober 2021: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10010907
5Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS). (2021, 10. November). Landesrecht konsolidiert Niederösterreich: Gesamte Rechtsvorschrift für NÖ Jugendgesetz, Fassung vom 10.11.2021. RIS. Zugriff am 10. November 2021: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LrNO&Gesetzesnummer=20000556
6Österreichische ARGE Suchtvorbeugung (2022): Tabak und Nikotin. Positionspapier der österreichischen Fachstellen für Suchtprävention.
Zugriff am 23.02.2022: https://www.suchtvorbeugung.net/downloads/ARGE_Positionspapier_Tabak.pdf